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Berlin/Moskau —  Führungswechsel im „Sternenstädtchen“ („Star City“) vor den Toren Moskaus: Knapp 50 Jahre nach seiner Gründung hat das Kosmonautenausbildungszentrum „Juri Gagarin“ mit dem Langzeitflugweltrekordler Sergej Krikaljow zum ersten Mal einen zivilen Chef. Bisher hatten diese Funktion Militärs inne. Der gebürtige Leningrader, der bei sechs Missionen zwischen 1988 und 2005 insgesamt 803 Tage im All war, hat seinen Kosmonautenkollegen Generalleutnant Wassili Ziblijew abgelöst, der dieses Amt seit knapp sechs Jahren bekleidete.

Mit der Personalie setzt die Raumfahrtagentur Roskosmos einen Erlass von Präsident Dmitri Medwedjew um. Der hatte im Januar verfügt, das lange Zeit streng geheime „Militärstädtchen Nr.1″ mit seinen heute knapp 2200 hochqualifizierten Spezialisten in eine zivile Einrichtung umzuwandeln. Das allerdings geschieht nicht mit letzter Konsequenz.
Denn das Trainingszentrum, in dem auch noch Gagarins Witwe Walentina zurückgezogen lebt, bleibt eine geschlossene Stadt. Wer sie betreten will, benötigt wie auch für das inzwischen ebenfalls zivile Kosmodrom Baikonur (Kasachstan) eine spezielle Erlaubnis.

Der neue Chef steht jetzt vor einer nicht gerade einfachen Doppelaufgabe: Zum einen soll er das Sternenstädtchen“ bis zum 1.  Januar 2 011 in eine „geschlossene administrativ-territoriale Einheit“ umwandeln. Zum zweiten muss er dafür sorgen, dass doppelt so viele Kosmonauten und Astronauten aus Russland, den USA, Europa, Japan und Kanada wie bisher für Flüge zur ISS ausgebildet werden. Denn ab Mai bestehen die Stammbesatzungen nicht mehr aus drei, sondern aus sechs Raumfahrern. Das bedeutet zugleich, dass die Zahl der bemannten „Sojus“-Starts auf vier pro Jahr verdoppelt wird.

Für seinen neuen Job bringt der Absolvent des Leningrader Mechanischen Instituts alle Voraussetzungen mit. Mit sechs Raumflügen, darunter zwei Langzeitmissionen in der Internationalen Raumstation ISS, ist er der erfahrenste Kosmonaut Russlands. Zudem war er zuletzt stellvertretender Chefkonstrukteur und Testkosmonaut des „Sojus“-Herstellers RKK „Energija“. Er weiß somit, worauf es bei der Ausbildung des Nachwuchses ankommt und wie ihr Arbeitsgerät aussieht, das sie beherrschen lernen müssen. Die US-Raumfähren sind ihm ebenfalls vertraut. Krikaljow war nämlich auch zweimal mit US-Shuttles unterwegs.

Bei seinem zweiten Flug kam es übrigens zu einem Kuriosum: Der Ehemann und Vater einer Tochter flog im Mai 1991 als Bürger der UdSSR zur Raumstation MIR und kehrte nach 331 Tagen im März 1992 als Bürger der Russischen Föderation zur Erde zurück. Präsident Boris Jelzin hatte inzwischen das Rote Imperium aufgelöst. Er zeichnete den Kosmonauten mit dem Gold enen Stern Nr. 1 eines „Helden Russlands“ aus, der seither neben dem des „Helden der Sowjetunion“ an Krikaljows Jackett prangt.

(Veröffentlicht am 3. April 2009)