Köln, 24. September 2015 – Kometen sind imposante Erscheinungen am Nachthimmel. Auf ihrer Bahn ins Innere des Sonnensystems erwärmen sich ihre eisigen Kerne und setzen Gas und Staub frei. Die ausströmenden Gase bilden eine Koma und einen Kometenschweif.
Die Raumsonde Rosetta konnte bereits im September 2014 die frühe Aktivität des Kometen Tschurjumow-Gerassimenko untersuchen. Lokale Gas- und Staub-Fontänen wurden damals von täglich wiederkehrenden Wassereismustern am „Nacken“ des Kometen begleitet, wie jetzt ausgewertete Beobachtungen des Instruments VIRTIS (Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer) zeigen.
„Wie und wo genau die Quellen der kometaren Aktivität entstehen, war bisher ein weitgehend ungelöstes Rätsel der Kometenforschung“, sagte Gabriele Arnold vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die die deutschen wissenschaftlichen Beiträge zum Instrument VIRTIS leitet. Mit der Entdeckung der Eismuster sei nun nachgewiesen worden, dass zu bestimmten Tageszeiten Wasserdampf aus dem Kometeninneren an die Oberfläche strömt, anschließend im Schatten gefriert und bei Sonnenlicht erneut verdampft, um endgültig in den Weltraum zu entweichen, wie das internationale VIRTIS-Forscherteam in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Nature berichtet.
„Wir sehen bei Tschurjumow-Gerassimenko ein außergewöhnlich dunkles Objekt, dessen Oberfläche weitgehend eisfrei ist“, erläuterte Arnold. „Trotzdem ist der Komet voller Aktivität, die Wasser und andere flüchtige Bestandteile aus dem reichhaltigen inneren Reservoir nach außen frei setzt.“ Schnell seien die Forscher auf die Eismuster aufmerksam geworden, die dem Tag-Nacht-Rhythmus folgen. Sobald ein Wasserdampf speiender Ort auf der Oberfläche im Laufe der Kometenrotation abgeschattet gewesen sei, habe sich das Eis gebildet.
Daraus schlussfolgerten die Wissenschaftler, dass Wasserdampf in den eisreichen Untergrundschichten entstehen muss, wo die Temperaturen nach dem unmittelbaren Sonnenuntergang noch höher sind, als an der Oberfläche. Von dort bahnt sich der Wasserdampf durch das ausreichend poröse Kometenmaterial seinen Weg zur Oberfläche und kondensiert. Die Wasserdampfkondensation aus der umgebenden Gashülle, genannt Koma, reicht nicht aus, um das Eis an der Oberfläche zu erklären. Dieser Prozess wird erst in größerer Nähe zur Sonne effektiv. „Die Untersuchungen von VIRTIS entschlüsseln somit erstmals einen der möglichen Mechanismen, der die lokale Aktivität des Kometen antreibt“, betonte Arnold. Die Wissenschaftler gingen deshalb davon aus, dass es sich bei ihrer Entdeckung um einen Prozess handelt, der auch auf anderen Kometen anzutreffen ist.
Die Raumsonde Rosetta hat den Kometen Tschurjumow-Gerassimenko im August 2014 erreicht, beobachtet seitdem seine zunehmende Aktivität und liefert Informationen zur Zusammensetzung seines Kerns. Am 13. August 2015 erreichte der Komet seine größte Annäherung an die Sonne. Sechseinhalb Jahre benötigt er für einen Sonnenumlauf und bewegt sich dann langsam wieder in Richtung des äußeren Sonnensystems.
© Gerhard Kowalski