Uglegorsk, 6. April 2015 — Aufruhr auf der „Schlüsselbaustelle“ Russlands: 26 von rund 200 Arbeitern eines Subunternehmens sind am Samstagmorgen um 01.00 Uhr deutscher Zeit auf der Baustelle des neuen Kosmodroms „Wostotschny“ bei Uglegorsk im Amur-Gebiet kurzzeitig in einen Hungerstreik getreten. Sie protestierten damit gegen ausstehende Lohnzahlungen, wie russische Medien melden. Der für das Militär und die Raumfahrt zuständige Vizepremier Dmitri Rogosin (Foto) ist deshalb am Ostermontag nach „Wostotschny“ gekommen, um diese „absolut unzulässige“ Situation im direkten Gespräch mit den Streikenden zu bereinigen.
Bei der Begegnung bat er die Arbeiter, auf der Baustelle zu bleiben. Zugleich versprach er ihnen die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen. Kurz darauf wurden auch die ausstehenden Löhne nachgezahlt. Etwa ein Drittel der 200 Arbeiter des Subunternehmens beschloss inzwischen, die Baustelle nicht zu verlassen.
Zuvor hatte Rogosin, der sich in Simferopol auf der Krim aufhielt, den Arbeitern telefonisch versichert, dass die Löhne unverzüglich ausgezahlt würden. Daraufhin war der Hungerstreik noch am Samstag beendet worden.
Das Subunternehmen hatte Konkurs anmelden müssen, so dass es am 31. März keine Löhne mehr zahlen konnte. Die Pleite hat nach Aussage des Vizepremiers allerdings nichts mit der Arbeit am neuen Kosmodrom zu tun. Sie sei vielmehr vorher an einem anderen Projekt durch das unverantwortliche Handeln der früheren Leitung des Moskauer Verteidigungsministeriums herbeigeführt worden. Jetzt wolle er dafür sorgen, dass sich „solche Geschichten, die diese große Baustelle überschatten“, nicht wiederholen, sagte Rogosin.
Vom neuen Kosmodrom, das mit einem Aufwand von umgerechnet 6,4 Milliarden Euro errichtet wird, häufen sich in letzter Zeit die Hiobsbotschaften. Die Arbeiten auf der 700 Quadratkilometer großen Areal hinken bis zu vier Monate hinter dem Plan her, weil unter anderem Tausende hochqualifizierter Spezialisten fehlen. Rogosin hat deshalb schärfste Kontrollmaßnahmen angeordnet, die auch mit militärischen Mitteln überwacht werden.
Die Bauarbeiten müssen zum 30. November abgeschlossen sein. Denn auf Weisung von Präsident Wladimir Putin soll in „Wostotschny“ zu Weihnachten der erste unbemannte Start einer Sojus-2-Rakete stattfinden. Der erste bemannte Start ist für 2018 geplant. Mit dem neuen Kosmodrom will sich Russland den unabhängigen Zugang zum Weltraum von seinem eigenen Territorium sichern. Von hier sollen künftig alle Raumschiffe und Satelliten mit eigenen Trägerraketen ins All geschossen werden können.
In der bemannten Raumfahrt ist Moskau derzeit voll von Kasachstan abhängig, auf dessen Hoheitsgebiet das wichtigste russische Kosmodrom Baikonur liegt.