Berlin/Cape Canaveral — Das „Kraftwerk“ der Internationalen Raumstation ISS präsentiert sich seit dem Wochenende in voller Größe, Leistung und Schönheit. Mit der erfolgreichen Montage des vierten und letzten Sonnensegels von gut 70 Metern Länge und elf Metern Breite durch die Besatzung der US-Raumfähre „Discovery“ hat es die geplante Konfiguration in den imposanten Ausmaßen eines Fußballfeldes erreicht.
Zudem ist die Station damit nach Angaben der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA zu 81 Prozent fertiggestellt.
„Wir sind die größte kosmische Struktur in der ganzen Geschichte, und es ist wirklich wunderbar, hier oben zu sein“, schwärmte ISS-Kommandant Michael Fincke (USA), nachdem die Arbeiten in der Nacht zum Samstag abgeschlossen waren. „Discovery“-Chef Lee Archambault, dessen Crew das kleine Wunder vollbracht hat, meldete stolz: „Full power! – Volle Leistung!“
Die vier Sonnensegel, die sich aus 262.400 kleinen Solarzellen zusammensetzen, liefern 120 Kilowatt Strom. Das reicht aus, um die Arbeit von künftig sechs statt bisher drei Astronauten in der Station zu sichern. Ein Viertel der Karftwerksleistung ist zudem für den Betrieb der wissenschaftlichen Apparaturen vorgesehen. Damit können auch das europäische Weltraumlabor „Columbus“ und das japanische KIBO-Forschungsmodul viel20effektiver genutzt werden.
Schon Ende Mai wird das erste Sextett die Station übernehmen. Der dann 20. Stammbesatzung gehören Vertreter aller ISS-Vertragspartner an: Zwei Russen, ein Amerikaner, ein Japaner, ein Kanadier und der Belgier Frank de Winne für Europa. Erster Chef ist Gennadi Padalka (Russland), der schon am Wochenende mit einer „Sojus“-Kapsel auf die Umlaufbahn kommt und dann zwischenzeitlich zwei Monate mit seinem amerikanischen Kollegen Michael Barratt und dem Japaner Koichi Wakata die 19. Stammbesatzung bildet.
Die Einrichtung der vier Sonnensegel sei wahrscheinlich die „größte Hürde“ beim Aufbau der ISS gewesen, sagte der dafür zuständige NASA-Manager Dan Hartman nach dem erfolgreichen Abschluss der Operation. Das sei eine „bemerkenswerte Leistung“ der NASA und auch des Raumfahrtkonzerns Boeing, das diese Strukturen entwickelt und gebaut hat. Nun gelte es, auch die restlichen Herausforderungen bei der Fertigstellung der Station zu meistern. Er glaube aber, „dass wir dazu bereit sind“.
Wichtige Voraussetzungen dafür haben in der Nacht zum Sonntag schon die «Discovery»-Astronauten Steve Swanson und Joseph Acaba beim zweiten «Weltraumspaziergang» geschaffen. In sechseinhalbstündiger Arbeit montierten sie unter anderem am KIBO-Labor eine zweite GPS-Antenne für das im September geplante Rendezvous-Manöver mit dem japanischen Frachtschiff HTV. Bei den noch ausstehenden vier Shuttleflügen müssen zudem bis zum Jahresende noch eine externe KIBO-Plattform, das Verbindungsmodul «Node 3» und die Aussichtsplattform «Cupola» zur ISS gebracht werden. Das russische Segment wird zudem um das Kleine Forschungsmodul (MIM-2) erweitert.
(Veröffentlicht am 22. März 2009)